Bei den meisten Tango-Aficionados entsteht irgendwann der Wunsch, Spanisch zu können – sei es, weil eine Buenos Aires Reise ansteht, aus genereller Verbundenheit zur Tangokultur, dem Wunsch die Texte besser zu verstehen oder ganz pragmatisch, um Gespräche mit dem argentinischen Tanzlehrer einfacher zu machen.
„Eigentlich müsste ich mal Spanisch lernen.“ – so denken sie sich dann. Bei vielen bleibt es beim hehren Vorsatz. Andere fangen tatsächlich an: Ein bisschen hier, ein bisschen da, bis es sich irgendwann wieder verläuft – auch weil kein Fortschritt erkennbar ist und die Motivation sich somit schnell erschöpft.
Immerhin finden nicht wenige doch einen Weg, sich die spanische Sprache anzueignen. Der schönste ist sicherlich, mehrere Monate oder noch länger in Buenos Aires zu verbringen. Doch es geht auch anders: Nach meinem letzten Argentinienaufenthalt habe ich mir vorgenommen aus meinem rudimentären Spanisch ein richtig gutes Spanisch zu machen und zwar pronto. Gesagt – getan. Jetzt – etwa neun Monate später – kann ich sagen: Ich bin noch lange nicht am Ziel, aber es hat sich schon wirklich gelohnt.
Ich glaube, das wichtigste, um aus dem Vorsatz Realität zu machen, ist, einen Weg zu finden, der individuell im eigenen Leben gut funktionert. Ohne viel unbequemen Zusatzaufwand. Daher teile ich meine Methode, vielleicht inspiriert sie ja den einen oder anderen von Euch dazu, Eure zu finden:
- Sprachlern-App – täglich ca. 15 Min.
Das ist der Teil, der noch am ehesten mit dem klassichen Sprachenlernen wie in der Schule zu tun hat: Wortschatz erweitern, Grammatik lernen, sich mit dem Satzbau beschäftigen. Keine Sorge: Die Apps sind gut, es macht sogar Spaß! Meine App der Wahl ist Babbel, doch es gibt noch einige andere, die sicher auch ihre Vorteile haben. Jeden Tag absolviere ich einen Mix aus neuen Lektionen und der Wiederholung schon gelernter Vokabeln oder Grammatik. Das Gute an der App ist, dass ich sie immer und überall nutzen kann. Die Lernzeit fällt somit in meinem Tagesablauf kaum ins Gewicht.
Ja, die Apps kosten ein bisschen was, aber wirklich nicht viel. Es lohnt sich. - Podcasts – täglich ca. 15-20 Min.
Jeden Tag, meist auf dem Weg zur Arbeit oder zur Milonga, höre ich Spanisch-Podcasts. Die Podcasts verbessern nicht nur das Hörverstehen, sondern festigen auch die mit der App gelernten Themen. Ich freue mich immer wie eine Schneekönigin, wenn im Podcast eine Vokabel vorkommt, die ich kurz vorher bei Babbel gelernt habe oder gar eine Subjunctivo-Konstruktion, die ich mir gerade erst neu angeeignet habe.
Ich habe mich für Spanisch-Lernpodcasts entschieden, die spanische Konversationen in etwas langsameren, einfacheren Spanisch anbieten, aber keine Erklärungen in Deutsch oder Englisch enthalten. Meine Lieblingspodcasts sind „Spanish obsessed“ (kolumbianisches Spanisch) und „Notes in Spanish“ (spanisches Spanisch, mit einem riesigen Angebot an Podcasts). Beide bieten verschiedene Levels an und beide sind kostenfrei. Doch auch hier gilt: Geschmäcker sind verschieden und es gibt natürlich ebenso zig andere Podcasts. Einfach bei Apple Podcasts oder Spotify suchen. Ich selbst möchte demnächst auf „echte“ spanische, am besten argentinische Podcasts wechseln, um zu sehen, wie ich dabei mitkomme. Viele argentinische Ted-Talks findet man zum Beispiel bei Ted en Español und unter dem Namen Cien Años de Tango gibt es einen hörenswerten mexikanischen Tango-Podcast. Auch empfehlenswert: Acento Latino ein Radioprogramm aus Madrid über lateinamerikanische Kultur mit Interviewgästen aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern. - Tandem / Intercambio – ca. 1x wöchentlich
Die Treffen mit meiner chilenischen Tandempartnerin sind die dritte und inzwischen vielleicht sogar wichtigste Komponente. Denn hier geht es tatsächlich um’s Sprechen. Mit ihr kann ich auch Fragen klären, z.B. Grammatik- oder Wortgebrauch, der mir noch nicht klar ist. Das Beste: In den Konversationen mir ihr, merke ich meine Fortschritte genauso wie das, was noch fehlt. Beides steigert meine Motivation enorm.
Wir treffen uns 1x pro Woche für ca. 1,5 Stunden in einem Café oder für einen Spaziergang und sprechen etwa 45 Minuten Deutsch und 45 Minuten Spanisch. Manchmal zu einem vorher verabredeten Thema, manchmal einfach nur Small-Talk. Um die Treffen zu vereinbaren, schreiben wir uns Nachrichten, mal auf Spanisch, mal auf Deutsch. Seit neuestem tauschen wir sogar Bücher aus, die wir für einfach verständlich halten. Anfangs war ich nach diesen Treffen richtig geschafft. Es war sehr anstrengend. Inzwischen geht es schon viel besser. Die Tandemtreffen sind vielleicht das, was am schwierigsten in den eigenen Wochenplan einzupassen ist, doch auch sie fühlen sich nicht wie Arbeit an, sondern werden mehr und mehr zu einem Treffen mit einer guten Bekannten. Tandempartner*innen suchen ist nicht schwer: Man findet sie im eigenen (Tango-)Umfeld, über entsprechende Tandempartner-Suchportale im Internet oder Gruppen auf Facebook, alternativ kann man auch bei Sprachschulen nachfragen sowie bei Vereinen oder Initiativen für spanischsprachige Menschen. Klar, die Chemie sollte stimmen. Doch das kriegt man bei den ersten ein oder zwei Treffen schnell raus.
Also, worauf wartet Ihr noch? Man braucht nur wenig Geld, wenig zusätzliche Zeit und lediglich ein bisschen Disziplin, um dranzubleiben.
Wer noch weitere Ideen sucht: Im Rahmen meiner Buenos Aires Guide-Reihe hatte ich bereits einige Anregungen zum Spanischlernen zusammengestellt.
PS: Zu viel Disziplin geht auf Kosten der Leichtigkeit. Bei meinen täglichen Lern-Aktivitäten gilt für mich deshalb stets folgender Satz aus dem Alten Testament: „Sechs Tage kannst du deine Arbeit verrichten, am siebten Tag aber sollst du ruhen.“ Ein Tag pro Woche ist also spanisch-frei.
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