„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“
Es war einmal…
…eine Milonga, auf der es von Prinzessinnen nur so wimmelte. Viele waren zwar in Wahrheit Aschenputtel, verwandelt für nur eine Nacht. Doch das sah man nicht. Die Verwandlung war perfekt. Sie wussten genau, dass sich nicht hinter jedem Frosch ein Froschkönig verbarg und waren dementsprechend wählerisch: „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen …“
Dornröschen hingegen saß strahlend schön an ihrem Tisch. Doch kein Prinz schaffte es am heutigen Abend, die Dornenhecke zu durchdringen, um sie aus ihrem 100-jährigen Schlaf zu erwecken. Rapunzel reichte ihr Haar, oder besser ihre Hand, nur den Eingeweihten, die das Zauberwort kannten. An der Bar stand Rotkäppchen, noch etwas ängstlich und doch voller Neugier wartete sie auf den bösen Wolf. Schneewittchen war mit den sieben Zwergen gekommen, deren Gesellschaft sie offensichtlich genoß, auch wenn ihr Blick unermüdlich einen Prinzen suchte.
Es ging nicht alles mit rechten Dingen zu auf dieser Milonga. Es war Magie im Spiel. Bösen und guten Feen und Zauberern gelang es, mit nur einer einzigen Tanda – oder manchmal auch Nicht-Tanda – einem der Gäste den Abend zu vergolden oder zu verderben. So kam es, dass manch eine Tänzerin nicht verstand, wieso sie am einen Tag als Pechmarie und nächsten als Goldmarie nachhause ging.
Doch auch ganz andere Gestalten waren unter den Gästen. Rumpelstilzchen machte seinem Namen alle Ehre, versuchte sich, das ein oder andere Königstöchterlein zu holen und verstecke sich dabei in der Anonymität: „Ach, wie gut, dass niemand weiß….“ Hase und Igel waren ebenfalls dabei und leisteten sich einen sportlichen Wettstreit auf der Tanzfläche wie zu ihren besten Zeiten: „Ätsch, ich bin schon hier.“
So war es keineswegs überraschend, dass irgendwann die Tauben gurrten: „Rucke die guh, Rucke die guh, Blut ist im Schuh.“ Zum Glück handelte es sich dabei nicht um eine abgehackte Ferse, sondern „nur“ um einen verletzten Zeh.
Allen Anwesenden bleibt abschließend noch zu wünschen, dass ihnen das Schicksal der bösen Königin aus Schneewittchen erspart bleiben werde:
„Da mußte sie in die rotglühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel.“
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
…erinnert mich 1:1 an eine Weihnachtsmilonga, die ich letztes Jahr besucht habe…
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Liebe Grüße und wieder ein Kompliment für diesen Beitrag. Als Schneewittchen verbringe ich oft tolle Abende mit Zwergen, die mich bei Laune halten. Der Prinz schaut selten vorbei, aber der ist ja nur Vorwand.
Eine märchenhafte Zeit Mädels!
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OMG, in den guten alten Zeiten hat der Prinz noch mit Lametta auf der Schulter und sicherem Blick seine Prinzessin erwählt, um mit ihr unter Missachtung aller Codigos durchzutanzen bis ihr jungfräulicher Fluchtreflex dem Oxytocinrausch ein jähes Ende bereitete. Das anschließende Stalking mit Aufdeckung ihrer Aschenputtel-Identität wäre heute freilich undenkbar. Aber als Thronfolger durfte er keinen Zweifel an seiner sexuellen Orientierung aufkommen lassen!
Und heute? Potentielle Drachentöter scheitern schon an internationalen Artenschutzabkommen, vielleicht sind sie auch an der kapriziösen Schnepfe im Turm gar nicht interessiert.
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Eine kreative, spannende Verbindung und Deutung, sowohl des Blocks auch des Kommentars von wirdschonwerden. Dem Köstlich amüsierten schmunzeln folgt ein vielschichtiges Stirnrunzeln. Danke
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